Wettergramme

Mitte des 20. Jahrhunderts erfand Lloyd J. Reynolds das Wettergramm (weathergram). Die Idee ist inspiriert von japanischen Haikus und Shinto Gebetsfähnchen, die man in Bäume hängt. Reynolds Wettergramme haben heute einen festen Platz in der Nordwest-Pazifischen  Kalligrafiegeschichte.

Wettergramm

Reynold selbst definierte den Wettergramm Text als eine plötzliche Eingebung, weshalb Kürze essentiell ist. Das Gedicht sollte nicht länger als 10 Worte haben. Der Inhalt ist jahreszeitlich und auf die Natur bezogen. Das kleine Gedicht wird mit wasserfester Tusche auf einen braunen Packpapierstreifen geschrieben, den man aus ausgedienten Papiertüten schneidet, und dann in Bäume oder Büsche gehangen. Dann beginnt das Wetter-schreiben, das Verwittern, wo das Papier dem Wetter ausgesetzt seinen Weg zurück zur Natur findet.

“Der Name bedeutet „Wetter Schrift“ – Notizen von Sonne, Wind, Regen und vielleicht auch Eis. Mit der richtigen Tinte geschrieben, bleibt die Schrift. Lass sie verwittern und welken wie alte Blätter. Indem du ein Wettergram komponierst lässt du die Bedeutung aus den Dingen herauswachsen, wenn möglich sogar mit etwas Aktion dahinter, in ein Hier und Jetzt. Die Bedeutung ist nicht nur an der Oberfläche. Das Unerwartete ist essentiell. Es ist keine Kondensation, sondern ein Moment von Vision. Fehlende Entwicklung und Größe, kann es ein Gedicht genannt werden? Wenn nicht, nenn es ein Wettergramm.” (Reynold)

Anleitung

Du brauchst

  • Papiertüte
  • Schere oder Cutter, Lineal, Schneidematte, Bleistift
  • Locher
  • Faden oder dünne Kordel
  • wasserfeste Tusche (ich habe Schmincke AeroColor Airbrushfarbe Brasil-Braun* benutzt. Die Farbe ist aus Acrylbasis und trocknet wasserfest auf)
  • Schreibwerkzeug
  • kurzes Naturgedicht, gern selbst geschrieben

So geht’s

Schneide aus der Papiertüte einen (oder mehrere) Streifen von 25 cm Länge und 6 cm Breite. Lege den Streifen vor dich und falte die linke Kante um 5 cm nach rechts. Der Streifen hat jetzt eine Länge von 20 cm. Auf den ersten 5 cm liegt das Papier doppelt. An dieser Seite lochst du und fädelst deinen Faden durch.

Auf den Streifen schreibst du dein Naturgedicht. Dann hängst du die Streifen in den Garten, entlang deines Spazierweges oder den nahegelegenen Park.

Eine kleine wachsende Wettergramm-Sammlung findest du auf meinem Pinterest Bord.

Reynolds hat eine kleines Büchlein über Wettergramme geschrieben, was du bei der Haiku Foundation kostenlos als pdf herunterladen kannst.

Lloyd J. Reynolds

  • 1902–1978
  • amerikanischer Kalligraf
  • Professor für kreatives Schreiben, Kunst und Kalligrafie am Reed College, Portland, Oregon

 

Verlinkt zum Creadienstag

8 Kommentare zu „Wettergramme“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen