Wenn ich durch den Wald spaziere, sehe ich junge Birken, die von der Schneelast, die wir Anfang Dezember hatten, ganz runtergebogen sind. Ich bin fasziniert von der Biegsamkeit. Ihre Köpfe neigen sich zum Boden, die Birken sind intakt. Im Laufe des Frühjahrs werden sie sich sicherlich wieder aufrichten.
Mit Birken verbinde ich auch Kindheit. Es gab ein kleines Fleckchen auf meinem Schulweg, wo ein paar Birken standen. Das Birkenwäldchen wurde das genannt, wobei es nicht wirklich ein Wald war. Und doch war es irgendwie zauberhaft. Birken erinnern mich auch an russische Märchenfilme, die ich als Kind gern geschaut habe.
Das ist das spannende im Art-Journaling, wie ich es anleite und selbst auch praktiziere: Ich suche mir ein Thema und dann öffne ich meine Sinne und richte meine Antennen auf Assoziationen, Erinnerungen, Metaphern aus. So hatten wir im vergangenen Jahr im Rahmen unseres Künstlerpaktes das Thema Birken.
Künstlerpakt
Der Künstlerpakt funktioniert so: wir werfen uns abwechselnd ein Wort zu, geben uns einen Zeitrahmen und werden dann kreativ. Mit Worten, Sammlungen, Zeichnungen. Kreativität bezieht sich nicht nur auf das, was auf dem Papier entsteht, sondern schließt den ganzen Prozess des Schwangerseins mit einem Thema mit ein.
Das Wort ist wie ein Schlüssel, mit dem wir das Tor zu einer Welt aufschließen. Birke. Und schon bin ich in der Welt der Birken. Ich sehe Birken, schaue sie mir genau an, lese darüber, lerne darüber. Ich zeichne die Blätter, studiere die Maserung der Rinde, lasse meine Fingerkuppen über das Holz wandern, finde Poesie und Handwerk.
Birkenzauber
Für das Thema Birken habe ich kleine Zeichnungen gefertigt, geschrieben und mit Blättern gedruckt. Ich habe Zunder gesammelt und eine kleine Birkenbox gebaut. An der Schule wollte ich noch eine Schale mit der Technik des Glutbrennen machen, das hatte ich dann aber nicht mehr geschafft. Denn so ein Künstlerpakt hat ja ein Abgabedatum, wo wir uns gegenseitig die Werke zusenden.
Ich habe die Birkenschätze in eine Kiste gepackt. Eine Birkenschatzkiste. Was danach passiert ist: meine Sinne sind weiterhin für Birken geöffnet. Ihre Geschichten, ihre Metaphern, die von Flexibilität, Anmut und Verzauberung erzählen.
Sie ist leicht und hat Stärke
wächst schnell, geht zu Werke
mit spielender Macht
so biegsam und sacht
Sie tanzt und es singt
Ein Baum, der beschwingt –
So hell und beweglich
und fast unentbehrlich
Umarm’ ihren Stamm
verweile sodann
Verschließ’ Deine Augen
Sie kann es erlauben
Dir etwas zu geben
von Liebe und Leben
von Jugend und Freude
vom Hier und vom HeuteJürgen Wagner
Die Hamburgbirke
Als ich noch in Hamburg lebte, stand hinter unserem Haus eine große Birke. Ihre Samen wehten in die Blumentöpfe auf dem Balkon und gingen auf. Als es Zeit war, Hamburg zu verlassen, habe ich einige meiner Blumentöpfe mit umgezogen. In einem auch eine kleine Birke. Sie zog mit nach Freiburg, wo sie das ganze Wohn- und Familienchaos miterlebte, wo sie da einfach stand und in ihrem Topf der Dinge harrte. Auch Freiburg und Merzhausen verließen wir wieder und fanden einen neuen Wohnort hier auf dem Lande zwischen München und Chiemsee. Als wir vor 10 Jahren dann unser Grundstück kauften und das Haus bauten, durfte die Birke endlich aus ihrem Topf, und ihre Wurzeln im Garten ausstrecken. Und dort wuchs sie zu einer stattlichen Birke heran. Ein paar Eigenheiten hat sie, brauchte auch schon einen Korrekturschnitt. Aber es ist eben die Hamburgbirke, die viele Geschichten in sich trägt.
Welche Geschichten und Gedanken fallen dir zu Birken ein? Was verbindest du mit ihnen?
Vielleicht magst du das für dein Artjournal aufgreifen? Widme doch eine Seite diesem Baum. Studiere Rinde und Äste, Blätter und Zweige. Schreibe dazu. Lass dich verzaubern und ins Reich der Birken davontragen.
Hat dir der Beitrag gefallen? Wie StrassenkünstlerInnen der Hut, steht hier im Blog eine virtuelle Teekasse. Wenn du magst, kannst du mir einen Tee ausgeben. Oder Farben und Papier. Danke für die Wertschätzung <3
So so schön! Ich liebe Birken, sie haben so etwas frisches, reines…. Danke fürs Teilen!
Wow! Die Hamburgbirke berührt mich krass. Wie groß sie jetzt ist! Grüße aus Hamburg 🙂