Seit ein paar Tagen liegt dieser Artikel schon angefangen in meinem Entwurfsordner. An der Situation hat sich wenig verändert. Mein Test ist zwar schon wieder negativ, und ich hätte mich Mitte der Woche freitesten können, aber ich habe immer noch hartnäckige Symptome. Mein Posaunenchor-Probenwochenende habe ich aufgegeben. Nicht ohne einige Tränen darüber zu weinen. Ich habe mich so auf das gemeinsame Musizieren, die Workshops und Menschen gefreut! (Und Pizza, Gottesdienst, Gespräche…)
Neulich fand ich mich in Tränen aufgelöst in der Küche stehend. Weil ich kein Essen für mich finden konnte, was meinen Bedürfnissen gerecht wurde. Weil ich schon seit Tagen einen Wattekopf habe und müde bin. Weil ich, obwohl es mir vermutlich besser geht als anderen mit dem Virus, die Nase so voll habe davon. Im wahrsten Sinne des Wortes. Corona hat mich nicht so sehr körperlich erwischt, mental aber schon.
Ich bin ungeduldig.
In mir drin sind einige Prozesse im Gange. Die Heilung, die Fastenzeit und ein intensives Erleben von Gottes Nähe – ganz anders als ich es „geplant“, gewünscht oder gedacht habe. Das zeigt mir wieder, was Hingabe ist. Und dass ich eine Begegnung nicht machen kann. Nicht nach meinen Vorstellungen. Ich kann den Boden bereiten, hinhören, erfahrungsbereit werden. Aber eben keine Knöpfe drücken.
Sei still und wisse
Aus der Bibliothek habe ich mir das Buch „Ungezähmt“ von Glennon Doyle ausgeliehen. Darin lese ich gerade. Es holt mich an ganz vielen Stellen dort ab, wo ich gerade stehe. Zum einen die Thematik, alle Gefühle zu fühlen. Auch die unangenehmen. Sie nicht wegzumachen durch Ablenkung, Aktionismus und Betäubung. Ich entdecke und beobachte ganz spannende Verhaltensweisen in mir.
Ein anderes Kapitel hat mich angesprochen, weil es um die Stille ging. Dieses sich versenken, abtauchen, um Wegweiser und Weisheit zu finden. In uns drin, bei Gott. Nicht im Internet, bei Freunden und Familie.
Und so bin ich gerade ganz intensiv und mit offenen Sinnen unterwegs mit Gott. Ich hatte lange Angst, darüber zu erzählen. So bin ich nicht groß geworden. Ich traue mich noch immer nicht, mich mit all meiner Spiritualiät zu zeigen. Es ist etwas sehr intimes, verletzliches und kontroverses. Schnell geraten wir in Schubladen, Enge und Verurteilung. Davon bin ich auch nicht frei. Ich habe Angst, in meine eigenen Vorurteile zu fallen. Aber etwas in mir drängt auch, darüber zu erzählen. Die Begeisterung und Freude mitzuteilen, mein Zweifeln, Fragen und Erleben zu teilen. Und meine Spiritualität macht einen großen Teil meines Alltags aus. Ich möchte offen damit sein, Raum einnehmen, auch auf die Gefahr hin, belächelt, ausgegrenzt oder abgestempelt zu werden. Aber vielleicht werde ich das gar nicht?
„Gott ist das Feuer, der Impuls, das warme, flüssige Gold, das in mir wogt und drängt.“ Glennon Doyle
Es fällt mir nicht leicht, still zu sein. Mal zehn Minuten zu sitzen, ja. Aber so eine lange Zeit nichts zu tun, die Ideen kommen und sich sortieren lassen statt auf den erstbesten Zug aufzuspringen, das kann ich schlecht. Ich bin eine Macherin. Gleichzeitig merke ich aber, wie gut es tun, meine Gedanken und Impulse noch ein wenig länger im Herzen zu bewegen, schwanger zu gehen. Als Gegenpol zum schnellen Umsetzen und Sprudeln.
Ich brüte an einem neuen Angebot. Eins, das sich jenseits von Tutorials und dem Erlernen einer neuen Technik oder Schrift bewegt. Etwas, das uns befähigt, in eine bestimmte Energie einzutauchen, in der Tiefe uns selbst kennenzulernen und dabei Kreativität als Ausdrucksmittel, als Werkzeug zu nutzen. Wie das aussehen wird – das ist noch offen.
Nebenher wird es natürlich weiterhin Schrift- und Kreativkurse geben. Auch da habe ich viele Ideen für gemeinsames Werkeln, für schöne Dinge und Wege, die eigene Resilienz zu fördern. Vorerst halte ich aber noch eine Weile still und lausche.
Aber immer auch ein bisschen mit Ungeduld
Vielleicht sind wir in Wirklichkeit alle in Haut gewickeltes, loderndes Feuer, das nach außen hin versucht, cool zu sein.“ Glennon Doyle
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