In meinem Entwurfsordner liegen drei begonnene Beitragsentwürfe, auf meiner Ideenliste stehen sechszehn Themen für den Blog. Schreiben kommt gerade definitv zu kurz. Dafür erlebe ich gerade wirklich viel, arbeite, gebe Kurse und inhaliere, was das Leben zu bieten hat. Und gleichzeitig faste ich auch.
Ich habe mich entschieden, während der Fastenzeit auf raffinierten Zucker zu verzichten, später – nach unserem Prag-Wochenende – sind noch Chips und Alkohol dazugekommen. Und von meiner Fastenzeit mag ich gern ein bisschen erzählen und ein paar Bilder aus den letzten Wochen zeigen.
„Das Fasten ist sehr gut geeignet, um das Verhältnis zu den Dingen zu erkunden. Und die anderen Alltagsformen (..)“ – Frank Berzbach in „Formbewusstsein
Der ursprüngliche Gedanke der Fastenzeit hat sich längst ausgeweitet. Nicht länger fasten wir Nahrung, sondern nutzen die Zeit vielleicht, um unseren Medienkonsum zu überdenken, unsere Haltung (Jammerfasten) oder unsere Ernährung. Es geht darum, Gewohnheiten zu hinterfragen – tut uns etwas gut oder nicht?
Das Verhältnis zu den Dingen erkunden
Frank Berzbach schreibt in seinem Buch „Formbewusstsein“: „Das Fasten ist sehr gut geeignet, um das Verhältnis zu den Dingen zu erkunden. Und die anderen Alltagsformen (..)“ Das gefällt mir gut. Er schreibt weiter: „Der Entzug, der durch das Fasten entsteht, erzeugt oft, dass wir uns zurückziehen und zur Besinnung kommen. Wir gewinnen Zeit – Zeit, um nachzudenken.“ Es geht also vordergründig darum, bewusst mit etwas aufzuhören, um sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Ich mag die Idee, einen längeren Zeitraum für die Beschäftigung mit einem Thema zu nutzen. Die Fastenzeit ist ein fester Zeitraum, von Aschermittwoch bis Ostern, den du dir ganz bewusst gestalten kannst, um einen Lebensbereich neu zu erkunden. Das stärkt nicht nur dein Durchhaltevermögen und deine Willensstärke, sondern kann auch dazu beitragen eine tiefere Verbindung zu deiner Spiritualität aufzubauen.
Vielleicht entwickelt sich aus dieser siebenwöchigen Praxis eine neue Routine, die mein Leben bereichert?
Auf jeden Fall verstehe ich es als eine wunderbare Chance und wertvolle Erfahrung, die über Verzicht hinausgeht und viele spirituelle, körperliche und mentale Vorteile bieten kann.
Ohne Zucker
Bei meinen Überlegungen, worauf ich verzichten möchte, ist mir raffinierter Zucker eingefallen. Das ist nicht besonders naheliegend gewesen, denn ich bin grundsätzlich keine Naschmaus. Und doch habe ich in letzter Zeit immer wieder zu Schokolade oder Süßkram gegriffen, der von den Kindern hier herumlag und mir nicht gut tat.
Ich legte mir die Regeln fest. Ich wollte auf raffinierten Zucker verzichten, nicht aber grundsätzlich auf Süßes. Also habe ich erstmal allen Süßkram weggelassen. Die erste Woche fand ich schwer. Immer wieder innehalten in einer Bewegung, einem Impuls. Nein, ich faste.
Mit dem jüngsten Sohn war ich in den Ferien, gleich zu Beginn der Fastenzeit, bei meinen Eltern. Dort liegen immer leckere Dinge herum, zu denen ich jederzeit greifen kann. Und immer wieder musste ich mich innerlich erinnern und dem Drang widerstehen, zuzugreifen.
Wenn Fülle zur Völle wird
Ich erkannte in mir, dass die Fülle der Möglichkeiten, des Inputs, der Reize zu einer Völle geworden war, die ich richtig körperlich spüren konnte. Ich wollte weg von der Völle. Hin zu einer angenehmen Fülle. Erfüllung. Dieser Gedanke trägt mich durch den Verzicht. Und in der Tat wurden die nächsten Wochen leichter.
Ich begann zu beobachten wann ich Gelüste nach Süßen verspürte. An emotionalen Tiefpunkten und bei Energielosigkeit. Zum Nachmittagstee auch.
Der nächste Schritt war, dass ich mir Gedanken über Alternativen machte. Ich probiere Energieriegel mit Datteln und Schokolade, halte Ausschau nach Produkten ohne raffinierten Zucker. Ah, da gibt es doch Schoki mit Kokosblütenzucker. Der soll gut sein. Eine kurze Recherche ergab, dass er auch aus Saccharose besteht und wenig besser ist als unser Haushaltszucker. Auch ist mir aufgefallen, dass mittlerweile der Zucker auf manchen Verpackungen als Rübenzucker deklariert ist, was auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, es handle sich dabei um eine gesunde Alternative.
Mein Fazit: Süßappetit durch Energieriegel aus Nüssen und Datteln zu ersetzen ist für mich nur bedingt sinnvoll (auf die Mengen und Kalorien achten), Kokosblütenzucker ist keine Alternative
Interessante Beobachtung: Auf der Suche nach Alternativen hat sich im Laufe der Wochen ein ganz schöner Stapel Schokolade angesammelt, die ich mir gekauft habe, aber gerade nicht esse. Ts.
Fazit für danach: Die Menge macht das Gift. Lieber bewusst kleine Mengen genießen und wirklich dankbar auskosten.
Ohne Chips und Alkohol
Ende Februar war ich mit dem Mann in Prag. er hatte eine Karte für das Depeche Mode Konzert, ich war mit, um mir Prag anzuschauen und etwas Paarzeit zu genießen. Abends saßen wir noch auf einen Aperol Spritz in der Lobby des Motel One, lasen, unterhielten uns und knabberten Chips. Das war sehr schön, aber danach hatte ich wieder das oben beschriebene Fülle/Völle Gefühl und beschloss, auch auf Chips und Alkohol zu verzichten. Wir trinken nicht viel Alkohol, aber teilen uns gern zum Essen ein halbes Glas Wein. Chips hingegen sind eine große Verlockung für mich.
Nun verzichte ich also auf raffinierten Zucker, Chips und Alkohol. Und es tut mir wirklich gut.
Herzenswege gehen
Verzicht ist nicht alles. Ich will die Fastenzeit vor allem dafür nutzen, meine Haltung zu überprüfen. Ganz im Sinne der Jahreslosung beschäftige ich mich mit meinem Herzen. Mit dem, was ich in die Welt trage und worin die Liebe liegt.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ – 1 Korinther 16,14
Dafür folge ich meinem eigenen Online-Kurs und nutze ihn als Alltagsexerzitien. Woche für Woche notiere ich mir meine Erkenntnisse, Gebete und Dankbarkeitsmomente am Abend. Indem ich die Kursemails schreibe, tauche ich in das Thema ein, im Alltag lasse ich die Fragen und Wochenthemen mitschwingen. Diese Woche geht es um Liebe in unserer Arbeit.
Komm
Alltagsexerzitien habe ich auch bei Leben Begegnen entdeckt. Hier hat mich das Komm! gelockt. Wir arbeiten in einem kleinen Heftchen mit dem gleichen Namen, Komm. Ökumenische Alltagsexerzitien, und treffen uns einmal in der Woche zum Austausch und Gebet als Gruppe. In der Gruppe teilen wir unsere Erfahrungen und Erkenntnisse. Diese Kombination tut mir sehr gut. Ich habe mir im Wohnzimmer eine kleine Ecke eingerichtet, wo ich morgens sitze und Zeit mit Gott verbringe. Mal ganz im Stillen, mal im Gebet oder bei meinen Notizen. Das will ich auch nach der Fastenzeit gern beibehalten, obwohl es im trubeligen Alltag nicht immer einfach ist.
In den Alltag hinein – #100daysofprayer
Im Februar startete das jährliche internationale 100 Day Project. Das funktioniert so: Man sucht sich ein Projekt, an dem man 100 Tage lang dranbleiben will. Viele Künstler*innen nutzen es, um eine Technik oder ein Thema zu erforschen, zu vertiefen oder zu üben. Das finde ich sehr spannend mitzuverfolgen. Ich habe mir als 100 Tage Projekt einen erneuten Versuch von 100 Tage Gebet ausgewählt. Gebet interpretiere ich dafür sehr vielfältig. Es kann alles sein – mit der Intention Gott nah zu sein. (Wenn du Lust hast, schau dir zu diesem Thema meine kreative Masterclass „Zeit für Gott“ an)
Darum gilt es nicht, in einzelnen Stunden nur und mit bestimmten Worten und Gebärden Gott zu dienen, sondern mit dem ganzen Leben, mit dem ganzen Alltag, mit der ganzen Weltlichkeit. – Martin Buber
Und damit bin ich wieder bei dem Zitat von Frank Berzbach zu Beginn. Die Fastenzeit, um mein Verhältnis zu den Dingen zu erkunden, die Alltagsformen und meine Haltung. Auch wenn es in der Gesamtheit viel klingt, schaffe ich dadurch Raum und inneren Frieden. Ich werde mir gewahr, wo Widerstände sind und schule mein inneres Gehör auf die Stimme von Gott. Ich übe Dankbarkeit und Demut. Und das alles fühlt sich sehr stimmig an.
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