Draussen regnet es schon seit Tagen. Wenn der Himmel aufklärt, machen wir Spaziergänge und freuen uns, dass die Solaranlage warmes Wasser macht. Im Ofen knistert ein Feuer. Es ist nachweihnachtliches Chaos im Wohnzimmer. Die Geschenke liegen ausgepackt unter dem Baum, angefangene Puzzle und jede Menge Staubflusen. Ja, es müsste mal wieder staubgesaugt werden. Auf dem Tisch stehen Tassen, eine Kerze brennt und diverse angefangene Projekte liegen da. Jede*r ist irgendwie beschäftigt. Wir geniessen die Langsamkeit. Der Sterngucker ist bei den Großeltern. Das war eine spontane Idee, als der Mann seine Familie besucht hat. Ich lese, blättere durch meine Notizbücher und wälze Finanzen im Kopf und auf Papier. Mein Hals ist wund, deshalb trinke ich viel Tee und gehe früh ins Bett. Ich liebe diese Zeit zwischen den Jahren. Wenn noch Post ankommt, wir keine Termine haben und uns durch den Tag faulenzen.
Weihnachten
Unser Weihnachtsfest war klein und fein. Wir hatten lange keinen festen Plan, was wir wie gestalten wollen. Am Ende hat sich doch alles gefügt. Den Baum hat der Mann mit dem Sterngucker gesägt. Vom Weihnachtsmarkt konnten wir keinen retten, weil es keinen Weihnachtsmarkt gab. Unsere Weihnachtsgesteck-Idee hat nicht funktioniert. Das Konstrukt aus Zweigen ist in der Nacht einfach umgefallen. Aber ganz ohne Weihnachtsbaum wollten die Kinder auch nicht. Da überlegen wir nächstes Jahr nochmal neu. Denn einen abgesägten Baum aus Monokultur im Wohnzimmer – das fühlt sich einfach nicht mehr richtig an. Und doch hängt daran auch so viel Sentimentalität. Der Geruch der Tanne, die Lichter, die über die Jahre hinweg gesammelten Figuren und Anhängerchen, jedes mit einer kleinen Geschichte. Dieses Jahr ist der Baum so kräftig und verzweigt, das fast alle Anhänger drangepasst haben. Dafür haben wir nur noch 7 Weihnachtskugeln.
Aber genug Baumgeplauder. Ich will ja vom Fest erzählen. An Heiligabend fuhr ich mit dem Sterngucker und der Tochter zur Weihnachtsandacht. Es gab verschiedene Stationen in der Stadt. Wir besetzten mit dem Posaunenchor eine davon. Ich mischte mich also unter den Chor und gab mehr schlecht als recht meine Töne mit zum besten (ich konnte ja nicht mit proben wegen der 2G-Regelung). Das war ein sehr schöner Weihnachtsauftakt. Für uns gab es Glühwein und Weihnachtskuchen, es kamen viele Besucher zum Zuhören und Mitsingen (mit Abstand und Masken). Gemeinsam musizieren erfüllt mich so tief im Herzen. Und zu sehen, wie es in anderen Menschen klingt, gleich nochmal mehr. Egal wieviele Töne ich richtig treffe oder wie oft ich nur die Finger bewegen kann, weil eben grad kein Ton rauskommt, oder ich den Anschluss verliere.
Nach der Andacht (oder ein Gottesdienst? Was ist der Unterschied?) sind wir gut frierend und angeregnet nach Hause gefahren, wo der Mann bereits das Abendessen vorbereitete. Ich hatte einen Kartoffelsalat gemacht. Dazu gab es Tofuwürstchen und Gemüsestäbchen. Ausserdem lagen bereits alle Geschenke unter dem Baum. Darum hat sich der Wolf gekümmert. Er wollte extra deswegen daheim bleiben.
Nach dem Essen räumten wir schnell die Küche auf. Dann gab es Bescherung. Wir wollten zuerst die Wichtelpäckchen auspacken. Dazu liess der Sterngucker einen Radiergummi (statt einer Flasche) kreisen, um zu sehen, wer anfangen darf. Nach und nach packten wir unter lautem „oh“ und „ah“ die wirklich liebevoll ausgewählten und hergestellten Wichtelpakete aus. Ich mochte ja schon in den beiden Tagen vor Weihnachten das geschäftige heimliche Treiben, den Stolz über eigens hergestellte Geschenke und die Phantasie der Wichtel.
Der Mann hat mir ein Lesezeichen gebastelt.
Der Wolf hat dem Mann eine Airpodhülle gestrickt.
Ich habe dem Wolf ein Sparglas für seine Traumwünsche gebastelt.
Die Tochter hat dem Sterngucker eine Mütze genäht.
Der Sterngucker hat der Tochter Bilder gemalt und eine Hyazinthenzwiebel geschenkt, die er beim Weihnachtsbaumholen bekommen hat.
Lauter liebevoll ausgedachte und gefertigte Geschenke.
Nach und nach packten wir auch die anderen Weihnachtsgeschenke aus. Es war allen selbst überlassen, wieviele Geschenke sie auspackten, und ob sie noch welche für die folgenden Tage aufheben wollten. So wurde eine Weile entpackt, gespielt, gestaunt, gefreut. Von meinen Eltern haben wir ein 3D Puzzle von Hogwarts bekommen.
Als Familienweihnachtsgeschenk hatte ich ein Dreibein mit Kessel für unsere Feuerschale im Garten besorgt. Mal sehen, wann wir sie einweihen. Bisher regnet es so viel, dass es ein sehr nasses Unterfangen wäre. Also steht das Gestell noch im Wohnzimmer. Mit den Fellen wirkt es, als hätten wir hier ein Outdoor-Lager.
Ich mag das sehr: am Weihnachtsbaum sitzen, meine Post und Geschenke auspacken. Ein paar noch aufheben. Alles wieder und wieder in die Hand nehmen, hindrapieren, ausprobieren.
Weihnachts-Geburtstag
Wir haben an Weihnachten auch immer ein Geburtstagskind im Haus. Der Mann ist am ersten Feiertag geboren. Diesmal hatten wir uns ein ausgedehntes Geburtstagsfrühstück überlegt. Mit Leckerein aus dem Bioladen, Sekt, Orangensaft und frischen Brötchen. So sassen wir gemütlich bis zum frühen Nachmittag beisammen. Der Mann hat seine Geschenke ausgepackt (von mir gab es Trainingshandschuhe und ein Abo der Heritage Post), ich hatte mir auch noch welche zum Auspacken übrig gelassen. So plätscherte der Tag dahin. Die typische Weihnachtsfaulenzerei, wo wir nicht genau sagen können, wie die Zeit eigentlich vergangen ist. Vielleicht auch bei einem Spaziergang? Zum Abend gab es Rote Linseneintopf mit Kokosmilch und Räuchertofu.
Gutes Essen und Spaziergänge
Und so geht es schon seit Weihnachten weiter. Für die Kinder gehören zu Weihnachten Rotkraut, Klöße und Maroni-Pilzsosse. Die hatten sie sich gewünscht. Die gab es also am zweiten Feiertag. Und weil ich zu wenig Kloßmasse gekauft hatte, habe ich sie kurzerhand verdoppelt, indem ich selbst welche hergestellt habe. Ist am Ende auch gut geworden. Statt dem Nussbraten hatten wir diesmal mit Pilzen gefüllten Blätterteig, ein Rezept aus dem Buch „Hello Snow“.
Der Tisch war voll. Zum Essen waren wir fünf, der Tochterfreund und der Sohnfreund aus der Nachbarschaft. Ich mag das ja gern. Zusammenrücken, den Tisch voller Essen, Teilen und gemeinsam geniessen. Das war tatsächlich sehr schön.
Viel mehr gibt es zu den letzten Tagen gar nicht weiter zu erzählen. Ich schreibe noch etwas Post und kuriere meine Halsschmerzen aus. Die hat mir der Sterngucker wohl dagelassen, bevor er zur Oma fuhr. Die Kinder gehen ihren Interessen nach. Der Wolf war für eine Nacht mit Freunden zu einer Filmnacht. Der Mann war bei seinen Eltern, um den großen Sohn zu treffen. Ich bin derweil daheim geblieben und habe mich um Dinge gekümmert, die schon viel zu lange auf dem Schreibtisch liegen und mir ein schlechtes Gewissen machen. Ausserdem schreibe ich an meinem Jahresrückblick.
So vergeht die schöne langsame Zeit zwischen den Jahren doch viel zu schnell. Ich nehme mir vor, mehr solches herrlich faules Nichtstun in meine Wochen einzubauen. Sie tun meiner Kreativität so gut. (Aber irgendwie ist es auch einfacher, wenn es jeder tut, nicht?)
Berührt
Neben all der Familienzeit, den Liedern und Klängen vom Posaunenchor, den Lichtern und dem Strahlen in den Augen der Kinder, dem Knistern der Spannung vor Weihnachten und der Verbindung in unsere Familie und Freundschaften haben mich in den letzten Tagen diese Texte berührt (ein Klick auf die Links bringt dich zu den vollständigen Texten):
Carola, die schreibt, warum sie Weihnachten feiert.
„(…) Warum ich das Weihnachtsfest feiere, weiß ich aber genau. Es ist keine eingestaubte Tradition, sondern jedes Jahr wieder ganz aktuell. Es sind nicht die Geschenke oder der Festtagsbraten. Das Weihnachtsfest ist für mich eine Erinnerung an das Licht und die Hoffnung, die in die Welt gekommen sind. Es bedeutet allumfassende Liebe. Deshalb habe ich Ruhe im Herzen und kann Dinge annehmen, wie sie mir begegnen. Ich habe die Hoffnung, dass am Ende alles gut werden wird. (…)“
Und Sat Hari, der in seinem Tagebuch der Liebe 7 (auf Facebook) daran erinnert, dass wir selbst Teil des Weltgeschehens und der Wandlung sind und es in der Hand haben, Frieden in die Welt zu geben.
„(…) Lege dir für die vielen Stunden kleine Lieder, Mantras und Gebete zurecht, Leitern, mit denen du nach Innen steigen kannst, Atemweisen, mit denen du nach Innen atmen kannst, Meditationen aus dem großen Vorrat. Mache neben Tee- und Kaffeepausen zusätzlich „Nach-Innen-Schau-Pausen.“ Vergiss dich nicht. Durchlichte deinen Tag. „Come a little bit closer.“ Wie soll das ganze Weltgeschehen sich wandeln, wenn deine Tage nicht ebenfalls gewandelt werden? (…)“
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