Unterwegs – An der Ostsee

Ein Tag an der Ostsee – wenn auch im Regen – ist wie ein kleiner Urlaub. Ich hatte so viel Sehnsucht in mir, dass Glückstränchen flossen. Beim Abschied legte sich Traurigkeit auf mein Herz. Auch die durfte sein. Glück und Trauer nebeneinander, Salzwasser, meine liebe Ostsee.

Das letzte mal war ich an der Ostsee beim Frauencamp im September 2018. Es war auch das Jahr, wo das Wort Leukämie in unserer Familie ein Gesicht bekam, und ich kurz darauf in eine depressive Erschöpfung fiel. Nun, nach fünf wirklich herausfordernden Jahren, soweit überstandenen Erkrankungen und Krisen, war meine Ostsee-Sehnsucht so groß geworden, dass ich unbedingt diese meine Meermutter wiedersehen wollte. Ein Ostseeurlaub ließ sich nicht einplanen, aber ein Tag am Meer schon.

„The cure for anything is salt water – sweat, tears or the sea.“ Isak Dinesen

Dem Regen zum Trotz

Also baute ich in meine Ferienreiserei einen Besuch bei meiner Schwester ein. Drei Tage verbrachten wir auf ihrem Grundstück in einem kleinen schnuckeligen Zirkuswagen. Einen dieser Tage nutzen wir für einen gemeinsamen Ausflug nach Boltenhagen. Das Ostseebad befindet sich ca 1,5 h mit dem Auto von meiner Schwester entfernt. 

Ein einziger Tag war für diesen Ausflug im Kalender frei. Ich beschloss, egal welches Wetter sein wird, ich werde da hin fahren. Zum Glück unterstützte mich meine Schwesterfamilie bei diesem Vorhaben. Allem Wetter zum Trotz – es regnete tatsächlich – fuhren wir an die See: drei Kinder (mein Jüngster, meine Nichte und mein Neffe), drei Erwachsene (meine Schwester, mein Schwager und ich) und ein großer schwarzer Hund.

Sehnsucht, Glück und Freude

Hättest du in mein Herz schauen können an diesem Tag, wäre dir das Glück nicht entgangen. Schon beim Anblick der Backsteinhäuser und Reetdächer kamen mir die Tränen. Eine Mischung aus Sehnsucht, Glück und Freude. Das Plätschern der Wellen, das Kreischen der Möwen, die salzige Luft. Ein Zuhausegefühl. 

Der Regen konnte uns nicht abhalten einen schönen Tag am Strand zu verbringen. Ich spazierte mit nackten Füßen über den Sand, ließ die Wellen um meine Knöchel spülen und tauchte sogar einmal in das kühle Nass. Gern hätte ich die Wellen noch länger genossen. Ostsee ist nie genug.

Ich sog die Gerüche des Strandes in mich auf und die Geräusche und Farben. Das Gelbgrün der angespülten Algen. Den salzigen Geruch und die Feuchtigkeit der Luft. Das leise stete Rauschen der plätschernden Wellen. Auch den nassen Sand unter den Füßen, den die sich zurückziehenden Wellen wegspülen und ein leises Kitzeln hinterlassen. Wie Frederick in der Geschichte von Leo Lionni Sonnenstrahlen, Farben und Wörter sammelt, hortete ich hungrig gelbe Blütentupfer, die Farbtupfer der Regenjacken, rote Strandkörbe, die Früchte der Kartoffelrose, festes Dünengras und das sich stetig verändernde Blau von Himmel und Ostsee in meiner inneren Schatzkiste, um davon zu zehren und zu schenken.

„Ich will mir meine Füße nicht waschen, sonst geht der Strand ab. (In meiner Schlüppi ist auch Sand.)“ Ramona

Zum Abschluss waren wir in einem der Restaurants essen, uns aufwärmen und trocknen. Nicht nur im Bikini, sondern auch in den Umschlägen meiner Hosenbeine nahm ich so viel Sand mit, das sich darüber lachen musste. Die Hosenbeine habe ich bis heute noch nicht heruntergekrempelt, weil ich weiß, dass dort noch ein bisschen Ostsee verborgen ist. 

Ich bin dankbar für diesen einen reichen wunderbaren Tag an meiner geliebten Ostsee.

 

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3 Kommentare zu „Unterwegs – An der Ostsee“

  1. Hach, das Gefühl kenne ich gut. So geht es mir auch immer am Meer. Ich liebe die Ostsee und mittlerweile auch die Nordsee an den Stellen, wo sie wunderschöne Sandstrände hat.
    LG CoBa

  2. Au ja das Gefühl kenn ich – wir waren vorletzte Woche an der Ostsee und ja Ostsee (und auch die Nordsee) ist nie genug. Verfasse für morgen einen kleinen Post vom Urlaub. Wir fahren nun schon mehrere Jahre an die Ostsee für eine Woche an den selben Ort. EInfach weil so wunderbar ist vom Hotel, über die Straße zack Sand und Wasser unter den Füssen.
    LG
    Ursula

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