Mein WordPress-Dashboard bestätigt mir, was allgemein bekannt ist: Schlechte Nachrichten und Drama laufen besser. Nicht, dass in meinem Blog viel dramatisches passiert – das ist nicht so meine Art zu schreiben. Aber dennoch beobachte ich, dass die beiden Blogposts, in denen ich meine Corona-Isolation erwähnte, doppelt so viele Zugriffe, wie gewöhnliche Alltagsblogposts bekamen. Alltagsthemen wiederum mehr als speziellere wie z.B. die Aquarellkastenpflege (ok, nicht jede hat einen Aquarellkasten oder interessiert sich dafür), mein Monatsrückblick oder Dankbarkeitsposts. Spannend, oder? Ich schliesse mich da gar nicht aus. Wenn irgendwo ein Unfall passiert ist oder etwas dramatisches im Leben eines Menschen, dann bin ich auch neugierig. Wie geht es ihr? Kann ich vielleicht helfen? Oder Mitgefühl schicken? Ist es Sensationslust? Neugier? Was suchen wir im Drama?
Doch zurück zu meinen Statistiken. Ich guck mir ja gern so Zahlen und Kurven an. An guten Tagen schliesse ich daraus auch nicht, ob ich interessant genug bin für die Welt. An schlechten Tagen können so banale Zahlen schon an meinem Ego kratzen. Sei es Blogleserinnen, Instagram Follower, Newsletterleserinnen oder Kursverkäufe. Vergleichen ist giftig.
Comparison is the thief of joy*
Darüber habe ich mich neulich gerade bei einem Spaziergang mit dem Mann wieder unterhalten. Ich gerate schnell in die Vergleichen-Falle. Wenn Dinge, die ich mir vorgenommen habe, nicht so funktionieren. Oder andere Menschen vermeintlich erfolgreich, besser, reicher oder belastbarer sind als ich. Meistens, wenn ich nicht gut in meiner Mitte bin. Im Aussen statt im Innen. Ich vergleiche selten Aussehen, aber Leistung und Erfolg. Und damit meine ich funktionierendes Familienleben, Ruhm, Einkommen und all so Dinge, die ich ersehne (naja, oder auch nicht, aber mich influencen lasse – davon bin ich ja auch nicht frei).
In letzter Zeit bin ich wieder tief in die Vergleichsgrube gefallen und gerade dabei, da wieder rauszukrabbeln. Bei mir bleiben, keine Zahlen, Fakten und Geschichten. Ich lerne viel über Wahrheit und Stories, die wir uns erzählen. Und so immer wieder Drama erzeugen in unserem Leben. Weil unsere Stories emotional aufgeladen sind. Voll spannend, was da in uns drin passiert.
*Vergleich ist der Dieb der Freude.
Die Autorin meiner Geschichten
Aber wie komme ich raus aus den Stories und Geschichten, aus dem Vergleichsloch? Was hilft mir dabei?
Neulich hatte ich eine spannende Art Journaling Session mit einem Gruppencoaching mit Amanda Grace, bei der ich gerade ein Programm mitmache (das letzter dieser Art, weshalb es das nicht mehr auf ihrer Website gibt), bei dem es genau darum geht: unsere eigenen Stories entdecken und neu schreiben. Anhand eines Glaubenssatzes hat sie uns gezeigt, wie wir uns andere Geschichten erzählen können. Heilsamere.
Mein Beispiel wurde für das Gruppencoaching genutzt. Der Ausgangssatz speiste sich aus einem Gefühl der Unzulänglichkeit auf vielen Ebenen. Wir haben es dann etwas eingegrenzt und mit der Aussage: „The are lots of artists better than me“ gearbeitet. (Englisch, weil das Programm in Englisch läuft)
Zuerst haben wir aus der (emotional aufgeladenen) Story eine Wahrheit, einen neutralen Fakt, gemacht. Und die emotionale Ladung herausgenommen.
- There are some artists better than me
- There are artists
- There’s me
- I am an artist
Dann haben wir damit etwas gespielt, indem wir die Aussage verändert haben, immer sehr achtsam auf körperliche Antworten. Der Satz, den wir am Ende gefunden haben, ist so kraftvoll, dass ich ihn gleich notiert und in mein Artjournal geklebt habe.
- The are lots of artists _______ than me
- I am a BRAVE artist
- I am BRAVE ENOUGH TO BE AN ARTIST
Dieser Abend war nur ein Beispiel der vielen Facetten in denen wir uns Geschichten erzählen. Eine andere Teilnehmerin hatte als Beispiel, dass sie schlecht Nein sagen kann, andere nicht enttäuschen will. Auch spannend!
I am the author of the story.
The power is mine.
I can change it.– Amanda Grace
Ich arbeite also mit Menschen zusammen, die da schon ein paar Schritte gegangen sind, höre mir deren Vorträge an, nehme an Programmen und Coachings teil. Dadurch lerne ich zu verstehen. Und auch Techniken, meine eigenes Kopfkino neu zu schreiben.
Im Sensory Awareness gelingt es mir, wieder den Boden unter mir zu spüren, mich auf den Moment, mich und die Schwerkraft einzulassen. Das bringt ein tieferes Verstehen von Zusammenhängen mit sich und löst Schwere und Verknotungen auf. Im Art Journal komme ich intuitiv an tieferes Wissen. Farben, Formen, Bilder und Worten zeigen mir Wege. Heraus aus alten oder hinein in neue Geschichten. Oder einfach nur zu mir selbst, meiner Mitte, meinem Frieden. Ich führe Gespräche mit dem Mann. Er erkennt und erinnert mich, wenn ich in die Vergleichsfalle tappe. So auch eine liebe Freundin oder meine Dialoge mit Gott im Gebet (oft verbunden mit kreativen Arbeiten und Journaling).
In diesem Sinne öffne ich wieder und wieder mein Skizzenbuch: “ I am brave enough to be an artist.“
Liebe Ramona,
ich mag deine Alltagsgeschichten sehr! Auch ich neige zum Vergleich.
Ich mag unaufgeregte, erzählende Posts, in deinen Alltagsbeobachtungen finde ich immer wieder wertvolle, achtsame Momente zum Innehalten. Danke dafür.
Liebe Grüße
Jenny
Mir hilft es sehr, es anzuerkennen : Ja es gibt viele, die besser sind als ich. ‚ …Mütter, ElternsprecherInnen, Töchter, Freundinnen, UmweltschützerInnen, Hundehalterinnen usw…. wenn nur die Nachtigallen singen würden die anderen Vogelstimmen fehlen. Und so finde ich immer wieder in meine Einzigartigkeit hinein. Mal schnell, mal weniger schnell.
Und ich lese immer gerne bei Dir und alles. Weil es mich inspiriert und erdet irgendwie.
Danke dafür Du Einzigartige <3
Ach du! Vielen Dank. Und das Bild mit den Vögeln ist wirklich schön.
Was für ein toller Blogpost:-)
Danke. Da floss einfach so raus. Ich wollte eigentlich vom Alltag schreiben 🙂
Man denkt, der Rasen des Nachbarn ist immer grüner. Und vergisst, dass das dein Nachbar auch denkt, wenn er bei Dir über den Zaun guckt.
Im übrigen finde ich alle deine Post lesenswert und inspirierend.
Danke dir! Und ja. Das vergessen wir oft. Oder können es uns gar nicht vorstellen (also ich mir nicht. ich denke dann, mein Nachbar findet meinen ungemähten gelben Löwenzahnrasen bestimmt ganz furchtbar. Und unseren Chaosgarten. haha)