Kallizine 3 – ein kalligrafisches Postprojekt

Auch in der dritten von Birgit Gramsch initiierten Kallizine-Runde war ich mit dabei. Das Prinzip blieb den ersten beiden Runden treu: aus einem A4 Blatt sollten wir ein kleines Büchlein falten und unter Vorgabe von einem Thema kalligrafisch gestalten. Die Anleitung zur Faltung habe ich hier notiert.

Die Stichpunkte für die dritte Kallizine-Runde lauteten diesmal:

Klagelied
gotische Schrift
mehrschichtig

Das Thema gefiel mir sehr gut – konnte ich mich doch damit in meinen geplanten Textura-Kurs einschreiben. Mehrschichtig arbeite ich ohnehin gern. Das klang also für’s erste nicht so schwierig. Nun musste ich noch etwas zum Thema Klagelied finden.

Mir fiel ein, dass ich vor ein paar Jahren das Buch “Miroloi” von Karen Köhler gelesen hatte. Das ganze Buch war quasi in Form eines Klageliedes aufgebaut. In meiner Buchbesprechung im Blog fand ich sogar ein passendes Zitat.

„Ich bin da, aber ich bin nicht da. Trauer ist ein Biest, das dich jederzeit anfallen kann. Mal würgt es dich und raubt dir den Atem, mal pustet es dir Wolken in den Kopf, mal reißt es dir Gedärme raus, mal tropft es still durch deine Augen, mal liegt es bergschwer auf dir, saugt dir jedes Gefühl aus dem Leib und drückt dich zu Boden, dass du denkst, du kommst nie wieder vom Fleck.“

Die erste Schicht auf dem Blatt gestaltete ich mit großen Textura-Versalien. Dann schnitt ich die Blätter ins Format A4 und begann mit dem Hintergrund, den ich mit einer Rohrfeder und Schmutzwasser schrieb. Schmutzwasser ist die Flüssigkeit, worin ich meine Pinsel auswasche oder Tintenreste reingiesse. Davon bewahre ich ein Glas auf. Das Wasser hat mittlerweile einen relativ dunklen Grauton, der aber mit anderen Farben gebrochen ist und damit recht warm erscheint. Als Textvorlage diente der letzte Absatz des Buches, den ich einfach fortlaufend schrieb, ungeachtet von Textumbrüchen und Satzzeichen, um eine durchgehende Hintergrundtextur zu erreichen. 

Als alles getrocknet war, faltete und schnitt ich das Heft zurecht, damit ich das Endformat gestalten konnte. Nun begann ich mit dem Vordergrund. Ich schrieb das ausgewählte Zitat über drei Doppelseiten des fertig gefalteten Kallizines. Hierbei verteilte ich den Text als Textblock oder in Zeilen, das Wort “bergschwer” schrieb ich etwas größer.

Zum Schluß wollte ich gern noch eine Kontrastzeile hinzufügen. Ich blieb bei meinem monochromatischen Farbschema und ergänzte eine letzte Zeile in einer kleinen, feinen Schriftgröße als eine Zeile.

“Ich singe dir mein Leben vor, singe uns dein Totenlied, dein Miroloi, dein Lied vom wunderschönen Leben.”

Insgesamt hat mir das Projekt viel Freude bereitet und mir wieder richtig Lust auf die Schrift gemacht. Sie ist so vielseitig. Herausfordernd war das Zusammenspiel von Papier, Feder und Tinte. Das war nicht immer optimal, sodass mir die Feder entweder wegrutschte oder aussetzte, was den Schriftfluss und die Gleichmässigkeit störte. Ich hoffe, das fällt aber im Gesamteindruck nicht vordergründig auf.

Material

  • Papier: Canson Croquis 90 g/qm
  • Schmutzwasser
  • Parker Quink
  • Breitfeder 3mm, 1,5mm, 1mm, 0,5mm
  • Rohfeder 4mm
Kallizine 1 – Haiku, Linien, schwarz/rot
Kallizine 2 – Jugendstil, gold/grün, Zweisamkeit

Hat dir der Beitrag gefallen? Wie StrassenkünstlerInnen der Hut, steht hier im Blog eine Teekasse. Nur eben virtuell. Wenn du magst, kannst du mir einen Tee ausgeben. Oder Farben und Papier. Danke für die Wertschätzung <3

2 Kommentare zu „Kallizine 3 – ein kalligrafisches Postprojekt“

  1. Liebe Ramona,
    Dein kallizine-Heftchen ist wieder mal wunderschön geworden. Die Idee mit der Feder und dem Schmutzwasser und der großen Hintergrundschrift finde ich super.
    Dass dir das campen Spaß gemacht hat, kann ich sehr gut nachvollziehen. Gutes Wetter, nette Kinder und ein geräumiger Wohnwagen, besser geht’s nicht. Liebe Grüße

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