Nachgefragt ist eine Interviewreihe mit anderen KalligrafInnen und SchriftkünstlerInnen. Ich finde es selbst sehr inspirierend, mich mit KollegInnen auszutauschen, einen Einblick in ihre Arbeitweise und Motivation zu erhalten.
Heute habe ich Frank Fath im Interview. Zum ersten mal habe ich ihn in einem Kurs mit Joachim Propfe getroffen und seine feinsinnige und ästhetische Arbeit mit den Buchstaben kennengelernt. Seit dem schaue ich mir immer wieder gern an, was Frank schreibt und schafft. Du kannst seine Werke auf seiner Website anschauen. Dort gibt es auch ein kleines Heft zur Ausstellung „Von der Fremde in die Fremde reisen“ zusammen mit Jasna Wittmann mit wunderschönen Kalligrafien zum Thema Flucht.
Lieber Frank, danke für deine Antworten.
Frank Fath
Schriftlich
Wie kam Kalligrafie in dein Leben?
„Als Kartograph hatte man zwangsläufig mit Schrifttypen zu tun. Antiqua-Buchstaben gezeichnet bis sie so klein waren, dass man mit der Lupe arbeiten musste, um die Genauigkeit einer Druckletter zu erreichen. Dazu kam es, dass an meiner Arbeitsstätte all die repräsentativen Arbeiten gemacht wurden, die in einer Kommune so anfallen. Goldene Bucheintragungen, Grundsteinlegungsurkunden, Verleihungsurkunden für Preise etc. Hier hatte ich das Glück mit einem hervorragenden Grafiker zu arbeiten. Hans Bock, der später nach Worpswede als freier Künstler ging.
Dadurch war die Leidenschaft für die moderneren, freieren Schriften geweckt. Und so begegnete ich Albert Schmalz, der ein hervorragender Lehrer war und durch weitreichende Kontakte mir Schritt für Schritt die Kalligraphiewelt öffnete.“
Was bedeutet Kalligrafie für dich?
„Kalligraphie ist für mich ein Tanz. Ich bewege mich zu dem Rhythmus und dem Takt, den die Texte und der Klang der Worte in mir erzeugen. (und jetzt sind wir gerade ganz weit weg von den Kapitalis-Buchstaben)“
Wenn du nur mit drei deiner Schreibwerkzeuge arbeiten dürftest, welche wären das?
„Meine alte Haff-Ziehfeder, die ich seit über 35 Jahren besitze und einen Flachpinsel. Beim dritten Werkzeug fällt mir das etwas schwerer, aber ich denke mit einer Wechselzugfeder kann man unglaublich viel erreichen.“
Wie kommst du am besten in einen kreativen Schaffensmodus? Und wie schaffst du es, aus einer Schaffensblockade rauszukommen?
„Durch Worte die mich berühren. Seien es Passagen aus der Prosa, die man hervorheben möchte. Aber vor allem Lyrik. Das Verdichten ist es, das mich fasziniert – und im Grunde verdichte ich durch die Kalligraphie nochmal mehr und suche die Essenz der Worte.
Klang ist eine Hilfe bei Blockaden. Lautes lesen der Texte und vor allem der einzelnen Worte. Aber ich schau mir auch gerne Arbeiten von unterschiedlichen Malern und Künstlern an, die mich dann, im besten Falle, inspirieren können.
Persönlich
An welchen Projekten arbeitest du gerade? Was beschäftigt dich?
„Das letzte Projekt, das ich mit Jasna Wittmann zusammen ausarbeitete war ein politisches Thema. Als wir vom österreichischen Schriftmuseum in Pettenbach für eine Ausstellung gefragt wurden, war das Flüchtlingsthema gerade auf dem Höhepunkt und so wollten wir ein Zeichen setzen.
Gemeinsam mit der Schreibgruppe „Lettera“, deren Mitglied ich bin, sind wir gerade dabei ein Haiku-Projekt umzusetzen. Dabei geht es um Gedichte zu den letzten beiden Büchern von Roger Willemsen. Diese sollen 2019 in Heidelberg gezeigt werden.“
Was ist für dich kleines Glück?
„Glück ist Liebe, nichts anderes“. Hermann Hesse
Hast du ein Morgenritual?
„Einen kleinen, schwarzen, Espresso.“
Wie entschleunigst du deinen Alltag? Wobei entspannst du dich?
„Lesen. Sich mit einem interessanten Buch eine halbe Stunde rausnehmen, das entspannt mich.“
Welches Buch hat dich als letztes berührt?
„Seit vielen Jahren lese ich immer wieder „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“. Und gerade bin ich wieder mittendrin. Das Ringen des Autors um die Definition von Qualität und wie wir sie erkennen können ist beeindruckend. “
Führst du ein Skizzenbuch/Tagebuch/Journal?
„Ja, aber nicht für die Kalligraphie. Es begleitet mich und ich versuche zeichnerisch oder im Aquarell Momente aufzubewahren. Dadurch, dass diese einfach zu meinem Vergnügen dienen und keinerlei Anspruch haben ist das eine wunderbare Zeit des Entspannens und Innehalten.“
Perspektivisch
Was rätst du jemandem, der mit Kalligrafie anfangen möchte? Wo beginne ich, wie nähere ich mich dem Thema?
„Das Problem für unerfahrene Interessenten ist die Menge an schlechten oder eher durchschnittlichen Büchern, die auf dem Markt sind. Die Guten zu finden, braucht es schon etwas an Erfahrung oder Empfehlung. Hier kommt der Lehrer ins Spiel. Ich denke einen guten Lehrer zu finden ist nötig. Der einen in die Materialien einführt und das Augenmerk auf die Qualität der Linie lenken kann. Und natürlich auch das grafische Auge schult und andere gute Kursleiter empfehlen kann.“
Kalligrafie: Wohin entwickelt es sich? Welche Bedeutung hat es?
„Die Schrift ist frei! Zumindest was die Kalligraphie betrifft. Ihre Entstehung diente als „Gedankenstütze“. Davon ist sie völlig abgekoppelt. Im Grunde schon seit der Erfindung des Buchdrucks. Und so sehr ich das Handwerk schätze und auch liebe, müssen wir uns nicht mehr der Type anbiedern. Freie, spontane Bewegungen, die uns berühren, ist die abstrakteste Form der Schrift. Dabei möchte ich aber die Qualität des „Handwerkers“ dahinter sehen. Man erkennt doch ob etwas gekonnt entstanden ist.
Aber ich hoffe ebenso, sie wird als reines Handwerk immer wieder, lesbar, besondere Momente und Gedanken festhalten. Zumindest habe ich die Erfahrung gemacht, dass in den letzten 30 Jahren die Achtung vor handgeschriebenem zugenommen hat.
Vielleicht hat Steven Skaggs Recht. Er sagt, dass die, die in Zukunft schreiben können, einmal die Hohenpriester der Schrift sein werden. Dann hätte der Kalligraph wieder den Stellenwert, den er am Anfang der Schrift schon einmal innehatte.“