Nachgefragt – Ein Interview mit Ute Kreuzer

Nachgefragt ist eine Interviewreihe mit anderen KalligrafInnen. Ich finde es selbst sehr inspirierend, mich mit KollegInnen auszutauschen, einen Einblick in ihre Arbeitweise und Motivation zu erhalten.

Ute habe ich das erste mal im Weniger-ist-mehr-Kurs von Torsten zusammen mit Sigrid getroffen. Später haben wir nochmal in einem anderen Kurs getroffen. Man läuft sich irgendwie immer wieder über den Weg. An Ute fasziniert mich ihre unglaubliche Schaffenskraft und die Vielschichtigkeit. Ute schreibt nicht nur, sie taucht in die Tiefe, sucht nach anderen Ebenen und Verbindungen.

Wenn ich an Ute denke, dann auch an knalliges Pink 🙂

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Liebe Ute, danke für deine Antworten und dein Juhu!

Ute Kreuzer

Kalligrafisch

Wie kam die Kalligrafie in Dein Leben?

Schon seit meiner Schulzeit war ich von Füllern, Schreibgeräten und der Schrift meiner Mitschüler fasziniert. Wegen dieser Leidenschaft hat mein Mann sich wohl gedacht, dass Kalligraphie etwas für mich wäre und hat mir einen Kalligraphiekurs geschenkt. Das war im Winter 1999. Ich selbst wusste bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht, dass es Kalligraphie gibt.

Was bedeutet Kalligrafie für dich?

– Die Lösung einer Sehnsucht. Eigentlich wollte ich, seit ich mich erinnern kann, Malerin werden. Aber das hat nie so richtig funktioniert. Erst seit meinem ersten Kalligraphiekurs „fließt“ es.
– Kalligraphie fühlt sich für mich an als ob wir auf natürliche Weise zusammengehören. Alles, was ich gerne tun möchte, ist nun möglich. Zielgerichtetes Üben, sich entwickeln und verbessern, etwas ausdrücken können und eben Bilder erschaffen …

Wenn du nur mit drei deiner Schreibwerkszeuge arbeiten dürftest, welche wären das?

Auf jeden Fall ein Bleistift. Am liebsten der Aquarellbleistift Graphite 8B von Faber Castell, ein Automatic Pen, hier am liebsten der 6A und erstaunlicherweise eine Spitzfeder.

Wie kommst du am besten in einen kreativen Schaffensmodus? Und wie schaffst du es, aus einer Schaffensblockade rauszukommen?

Wenn es mein Leben/ meine Krankheit es denn zulassen, bin ich immer im Schaffensmodus.

Woher bekommst du deine Ideen/was inspiriert dich?

Die Art des Papiers, seine Haptik, seine Größe, die Art des Schreibgrundes. Das sind für mich ganz oft erste Gestaltungsimpulse. Weiterhin natürlich das Schreibwerkzeug, auf das ich gerade Lust habe, ebenso wie die Schreibflüssigkeit, die ich verwenden will/ werde.
Meistens habe ich beim Arbeiten an einem Bild bereits ganz viele Ideen für ein nächstes und ein nächstes ….

Welche Texte und inhaltliche Schwerpunkte finden in deine Arbeit? (Musik, Lyrik, Zeitgeschehen, spirituelle Texte…)

In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Texte, die ich gestalten will, sehr verringert. Ich arbeite hauptsächlich mit einigen wenigen Texten, z. B. G: Leopardi „infinito“ und W: E: Henley „invictus“ …. Natürlich gibt es da mehr, aber ein intensives Gestalten mit diesen Worten ist voller Möglichkeiten für mich und unendliche phantastische Erfahrungen scheinen möglich.

An welchen Projekten arbeitest du gerade? Was beschäftigt dich?

Im Moment beschäftigt mich das Thema „Zufall“. Was ist das? Was bedeutet er für mein Leben? Wie gehe ich mit ihm um? Wer ist hier der Bestimmer bzw. die Bestimmerin?

Persönlich

Was ist für dich kleines Glück?

Im Moment sind es v. a. Augenblicke, in denen ich halbwegs schmerzfrei laufen kann.

Hast du ein Morgenritual?

Mein Morgenritual hat sich ganz erfreulich verändert. Mit einer Tasse Kaffee im Bett das kommende Tageslicht beobachten und erst dann aufstehen, wenn ich will.

Wie entschleunigst du deinen Alltag? Wobei entspannst du dich?

Der Zufall der Erkrankung hat meinen Alltag entschleunigt. Ich war da nicht so beteiligt. Ganz Vieles entspannt mich. Gute Gespräche (am liebsten bei einem guten Essen), Natur, Alleinsein, …..

Welches Buch hat dich als letztes berührt?

„Hier sind Drachen“ von Husch Josten, „Eine Geschichte von zwei Städten“ von Charles Dickens und „Max“ von Markus Orths.

Führst du ein Skizzenbuch/Tagebuch/Journal?

Eigentlich nicht, aber irgendwie ist immer Papier in meiner Nähe ….

Perspektivisch

Was rätst du jemandem, der mit Kalligrafie anfangen möchte? Wo beginne ich, wie nähere ich mich dem Thema?

Ich bin keine gute Ratgeberin, denn meine Vorstellung von Kalligraphie ist sehr subjektiv und ich will nicht, dass mein Rat hier jemanden in eine falsche Richtung lenkt oder gar beschränkt. Ganz allgemein ist wohl der Rat „suche dir einen guten Lehrer oder eine gute Lehrerin und bleibe selber der aktive Teil“ nicht verkehrt.

Kalligrafie im 21. Jahrhundert: Wohin entwickelt sie sich? Welche Bedeutung hat sie?

Oje, das ist eine schwierige Frage. Ich habe da eine Vision. Es gibt keine Kalligraphieausstellungen mehr, sondern es wird Kunstausstellungen geben, in denen auch Bilder mit schrifthaften Darstellungen sind. Das gibt es natürlich schon, aber diese Künstler würden wahrscheinlich nicht sagen, dass sie Kalligraphen sind. Für mich wäre eine Entwicklung in diese Richtung schön. Keine Schubladen mehr, die irgendjemand definiert…

Und ich würde mich sehr freuen, wenn das Schreiben von Zeichen, Buchstaben, Worten und Texten für ganz viele Menschen selbstverständlich und lustbetont bleibt/ wird. Schreiben kann so viel für jeden einzelnen Menschen bedeuten. Gott sei Dank leben wir hier in einer Gesellschaft, in der so gut wie jeder schreiben lernen kann. Schreibenkönnen ist etwas Tolles. Unabhängig von Rechtschreibregeln und anderen Regeln gibt es jedem relativ einfach die Möglichkeit sich auszudrücken und so bedeutsam zu sein. Juhu.

3 Kommentare zu „Nachgefragt – Ein Interview mit Ute Kreuzer“

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