Im vergangenen Jahr habe ich an einem Schreibworkshop bei Hanna Buiting mit dem Thema „Vom Wasser“ teilgenommen. Da gab es vorher einen Brief per Post mit Schreibheft und kleinen Dingen zum Auspacken und im Laufe des Kurses entdecken. Zum Beispiel eine Sprudeltablette für ein Fußbad.
Ein Fußbad nehmend sollten wir einen kleinen Text entstehen lassen über das Fußbad und Versorgung. Wovon weiß ich mich gut versorgt? Wann schöpfe ich aus den Vollen? Von was hast du genug? Was erscheint dir überflüssig?
Der entstandene Text ist keineswegs hohe Schreibkunst, sondern eine Sammlung meiner Gedanken während des Füßebadens. Ich war selbst erstaunt, wohin mich die Worte so führten. Ein paar Fragmente will ich hier lassen.
für Jeannette
Wasser
Über Fußbad und Versorgung schreiben. Da fällt mir zuerst nur Mangel ein: keine geeignete Schüssel. Ich bade meine Füße im Gemüsefach des alten Kühlschranks. Was ich erst im kalten Regen auf der Terrasse saubermachen musste – warum habe ich mich nicht besser vorbereitet? Dann das Wasser. Es ist zu kalt. Meine Füße werden nicht warm. Ich bin unruhig und ein wenig verärgert über mich selbst. Schließlich will ich einen tollen Text schreiben. Über Erfahrungen im Wasser. Über Versorgt sein und aus den Vollen schöpfen.
Ich gehe nochmal los und hole mir warmes Wasser aus dem Wasserkocher. (Aha! Ich bin kreativ und lösungsorientiert, sorge für mich.)
Warmes Wasser aufgefüllt. Viel besser jetzt. Schon sind Wut und Unzufriedenheit weg. (Ich habe es selbst in der Hand, für mich zu sorgen. Entscheidungen zu treffen. Ich weiß mich gut versorgt mit Lösungsansätzen und Kreativität. Aus Mangel erschaffe ich mir Fülle. Ich habe genug Kreativität, Weisheit und Durchhaltewillen.)
Was das alles mit einem Fußbad zu tun hat!
Innehalten und das Wasser spüren … Raus aus dem Machenwollen, Erfüllen, Tun. Sich ausbreitende Wärme und Wohligkeit, es fließen lassen. Die Wärme. Es braucht Zeit hin zu spüren. Und bis die Füße warm werden. Was ein Luxus, hier einfach sitzen zu können, in der Familie und doch allein. Ich habe alles, was ich brauche. Überflüssig sind Hast und Erfüllenwollen.
Mich treiben lassen
Das Wasser hat eine schöne Farbe. Es lässt mich an Lagunen und Delphine denken, die Minze an Kaugummi und Jugend, an Unbeschwertheit. Im Wasser wird es leichter. Schweben, mich treiben lassen. Warum nicht öfter mal ein Fußbad nehmen?
Zuerst bin ich zufrieden und versorgt. Ich habe alles, was ich brauche. Dann habe ich genug. Es reicht. Die Füße werden schrumplig, das Wasser kalt, die Geduld geht zu Ende. Dann schlägt genug um in überflüssig. Es erscheint mir auch überflüssig, eine Waschschüssel zu kaufen oder ein Sprudelbad, wenngleich beides ein feiner Luxus ist.
Meine Gedanken wandern zu anderen Fußbädern: Wenn mir meine Schwägerin die Füße schön macht. Oder zu dem Spontanausflug zur Pediküre in Berlin mit J., als die Tochter noch ganz klein war. An die Gurdwara an Silvester mit der Freiburger Sangat und Jesus in der Bibel. Da gibt es doch auch eine Stelle, wo Jesus den Jüngern die Füße wäscht. Ich lese ein bisschen über Fußwaschungen nach. Im Orient symbolisieren sie Gastfreundschaft. Sie bedeuten, untereinander zum Dienen bereit sein. Gemeinschaft leben.
Die Fußbadzeit ist um. Zeit, mir die Füße abzutrocknen. Ich fühle mich erfrischt und wohlig gut. Ich weiss jetzt schon, dass einige der Gedankenfäden weitergewickelt werden wollen.
Den Workshop, der nicht nur aus dem Fußbad bestand, beenden wir mit einer Erkenntnis, einer Frage, die mich noch beschäftigt und einem Lieblingssatz (der auch geliehen sein darf):
Überflüssig sind Hast und Erfüllenwollen.
Wäscht Jesus mir auch die Füße, wenn ich sie mir selbst wasche?
„Es sind die kleinen alltäglichen Dinge, die das Geheimnis der großen Quelle in sich tragen.“ (von Martina)
Auf meiner Einkaufsliste steht jetzt „Fußbadschüssel“
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Liebe Ramona, was Hänschen über Max sagt, sagt mehr über Hänschen als über Max. Soviel zum Kommentar. Dass du selbst auch immer wieder grübelst, ist nachvollziehbar im Hinblick auf Existenzsicherung, sollte aber nicht über missgünstige Kommentator*innen getriggert sein! Das ist eher s.o. ein Problem gesellschaftlicher Wahrnehmung. Ich lasse mich sehr gern von dir inspirieren, vielen, vielen Dank dafür. Das Wort Hobbies stammt vermutlich aus einer Zeit, als Arbeit noch nicht Freude und Leidenschaft sein durfte/konnte.
oh, mein Kommentar sollte eigentlich zum anderen Post, sorry