Nachgefragt – ein Interview mit Robert Bree

Nachgefragt ist eine Interviewreihe mit anderen KalligrafInnen und SchriftkünstlerInnen. Ich finde es selbst sehr inspirierend, mich mit KollegInnen auszutauschen, einen Einblick in ihre Arbeitweise und Motivation zu erhalten.

Bei einem München-Bummel mit einer Freundin entdeckte ich im Kaut-Bullinger einen Flyer für die Kurse von Robert. Ich steckte ihn mir ein und schaute zuhause auf seiner Website nach. Seit dem folge ich Robert auf diversen Kanälen und erlebe ihn als engagierten, wiss- und lernbegierigen und fortschrittlichen Letterdesigner. Er organisiert Austausch und Treffen, immer interessiert am Miteinander statt Konkurrenz, was ich sehr angenehm finde.

Lieber Robert, danke, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast und hier einen kleinen Einblick in deine Arbeit gibst.

Robert Bree

Schriftlich

Wie kam Kalligrafie bzw. Lettering in dein Leben?
Mein Vater verstand es, rein hobbymäßig in gebrochener Schrift zu schreiben. Das beeindruckte mich immer. Dann hatten wir die Stilepoche Rokoko im Stilkundeunterricht auf der Möbelfachschule in Köln. Organische Formen waren charakteristisch für diese Zeit, die mich besonders ansprach. Als ich mehr und mehr Lettering im Internet sah, wollte ich wie viele andere Grafikdesigner auch in der Lage sein, solche Kunstwerke selbst zu gestalten. Ich begann mit einem Onlinekurs für 20$ vor vier Jahren. Ich begann langsam, aber von da an nahm alles seinen Lauf und meine Beschäftigung mit Lettering wurde immer intensiver, wodurch viele gestaltete Logoschriftzügen und über 30 Workshops entstanden sind.

Was bedeutet Kalligrafie/Lettering/die Arbeit mit Buchstaben und Worten für dich?
Lettering bedeutet für mich, etwas aus mir heraus zu gestalten. Meinen Abdruck zu hinterlassen, mich auszudrücken in Form von Buchstaben. Es bedeutet für mich auch, mich herauszufordern, meine Möglichkeiten herauszufordern. Zu was bin ich in der Lage, welche Entwicklung kann ich nehmen und wie drückt sie sich aus.

Wenn du nur mit drei deiner Schreibwerkzeuge arbeiten dürftest, welche wären das?
Bleistift, Pentel Sign Brush und eine Ecoline Brush Pen zur Abwechslung..

Wie kommst du am besten in einen kreativen Schaffensmodus? Und wie schaffst du es, aus einer Schaffensblockade rauszukommen?
Nehmen wir an ich bin nicht sofort im Schaffensmodus, dann hilft es mir, einfach anzufangen, ganz langsam, dann kann es schneller passieren als man denkt. Bei Blockaden ist für mich wichtig, etwas anderes zu machen, es kann auch eine andere Disziplin sein wie Illustrieren z.B. oder Stift ganz fallenlassen und sich mit etwas anderes zu beschäftigen, was nicht unbedingt die Arbeit sein muss.

Woher bekommst du deine Ideen/was inspiriert dich?
Mich inspirieren natürlich andere Künstler, die einen Stil beherrschen, der mich sehr anspricht. Letztlich möchte ich aber eine eigene Handschrift haben. Inspirationen können überall herkommen. Ich behaupte, es ist oft nicht nachvollziehbar, wo genau diese oder jene Inspiration herkommt. Das ist manchmal auch zu offensichtlich und langweilig wenn man künstlerische Arbeiten auf das zurückverfolgen kann, wo denn ursprünglich die Idee herkommt.

Persönlich

Welche Texte und inhaltliche Schwerpunkte finden in deine Arbeit? (Musik, Lyrik, Zeitgeschehen, spirituelle Texte…)
Spirituelle Texte finden sporadisch auch statt. Ich habe hier noch nicht meine Linie gefunden, sofern es überhaupt wichtig ist, eine zu haben. Das Lettern von schlauen Sprüchen ist ja bekanntlich omnipräsent. Und die Qualität der Arbeiten nimmt nicht ab. Also ich möchte mehr Kontext meinen Letterings hinzufügen. Aber inhaltlich möchte ich mich nicht festlegen auf eine Stimmung oder ein Thema.

An welchen Projekten arbeitest du gerade? Was beschäftigt dich?
Wie oben gesagt, möchte ich mehr Kontext zu meinen Letterings, also nicht nur Buchstaben und Wörter lettern, sondern auch das Drumherum so gestalten, damit es das Lettering unterstützt und einen passenden Rahmen bietet. Mich beschäftigt, warum ich immer wieder in die organische Form beim Gestalten zurückfalle, ob das so gut ist oder ob ich da gegen steuern sollte. Sonst gestalte ich Logos, Logoschriftzüge und gebe Workshops.

Was ist für dich kleines Glück?
Kleines Glück ist großes Glück, oder? Ich freue mich, wenn ich und meine Menschen um mich herum gesund sind und ich das machen darf, was ich möchte. Ja, das ist wahrscheinlich großes Glück. Alles was oben drauf kommt, ist wohl kleines Glück 🙂

Hast du ein Morgenritual?
Nein, gerne habe ich verschiedene Abläufe, weil mich Routine bzw. Rituale mental auf Autopilot setzen und ich neige dazu, mich zu langweilen, gedanklich abzuschweifen und nicht mehr bewußt da zu sein. Wobei ich natürlich gewisse Routineabläufe habe, gerade morgens mit Kindern, die zur Schule müssen.

Wie entschleunigst du deinen Alltag? Wobei entspannst du dich?
Neuerdings habe ich versucht, mich durch extreme Langsamkeit zu entschleunigen. Also z.B. wenn ich aus dem Büro komme, gehe ich ganz langsam die Treppe runter und zur Ubahn. Das ist nicht viel, aber wenn ich das bewußt auch woanders mache, ist das sehr wirksam. Ich entspanne beim Sport, also während und nach dem Sport. Nach der vollen Verausgabung kann ich auch entspannen.

Welches Buch hat dich als letztes berührt?
Bücher haben auf mich nicht so eine berührende Wirkung. Ich bin kein großer Leser, obwohl ich einige Bücher gelesen habe. Ich habe gerne Biographien gelesen. Mich berührt die Musik von Ennio Morricone.

Führst du ein Skizzenbuch/Tagebuch/Journal?
Nicht regelmässig, ab und an habe ich ein Skizzenbuch, dann wieder lose Zettel. Journal oder Tagebuch führe ich nicht.

Perspektivisch

Was rätst du jemandem, der mit Lettering anfangen möchte? Wo beginne ich, wie nähere ich mich dem Thema?
Ein Workshop für Einsteiger zu besuchen ist immer eine gute Idee. Selbst wenn du dich schon einige Wochen mit Lettering beschäftigst. Gewisse Fragen hast du immer, die du während eines Workshops stellen kannst oder du erfährst Neues. In der Gruppe zu zeichnen macht oft auch mehr Spass. Wenn du dich erst praktisch mit Lettering (also nicht Brushlettering) beschäftigen möchtest, empfehle ich dir, einen Bleistift zu nehmen und dir eine Schrift auszusuchen, die du magst, und diese dann nachzeichen. Erst mit Vorlage und dann frei nachzeichnen. Es ist wichtig, erstmal ein Fundament zu schaffen, eine Basis als Repertoire, die dann weiterentwickelt werden kann durch andere Übungen und andere Schriftformen.

Lettering: Wohin entwickelt es sich? Welche Bedeutung hat es?
Lettering gab es ja schon immer, also die offizielle Definition „das Zeichnen von Buchstaben“. Weil es das schon immer gab, vertraue ich dem und glaube, dass es Lettering auch weiterhin geben wird. Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich rasant, wie das Arbeiten mit IPad-Pro z.B. Aber letztendlich helfen dir diese neuen Geräte nicht viel, wenn dir das Basis Know-How im Lettering und in der Typographie fehlt. Lettering wird immer seine Bedeutung beibehalten, die Ansprüche bei Künstlern und Konsumenten werden jedoch steigen, auch aufgrund der technischen Hilfsmittel.

Hier findest du Robert und seine Arbeiten

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Youtube | Robert Bree. Logodesign & Handlettering

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