Nachgefragt – ein Interview mit Natascha Safarik

Nachgefragt ist eine Interviewreihe mit anderen KalligrafInnen und SchriftkünstlerInnen. Ich finde es selbst sehr inspirierend, mich mit KollegInnen auszutauschen, einen Einblick in ihre Arbeitweise und Motivation zu erhalten.

Natascha „Tintenfuchs“ habe ich auf Instagram entdeckt. Wenn man einmal jemandem folgt, dann trifft man sich auch hier und da in Onlinekursen, Facebookgruppen oder plötzlich über ein Buch. Natascha Safarik ist in der modernen Spitzfederkalligrafie zu Hause, probiert sich aber munter und verspielt durch die Welt der Schrift und Kalligrafie.

Liebe Natascha, danke für deine Antworten in meiner Nachgefragt-Reihe.

Natascha Safarik

Schriftlich

Wie kam Kalligrafie in dein Leben?

Schöne Schrift hat mich schon immer fasziniert, mit der Kalligrafie habe ich aber erst nach meinem Studium begonnen. Ich habe Informationsdesign studiert und wollte Bilder mit fertigen Fonts erstellen. Das hat aber nicht funktioniert und daher beschloß ich, selbst zu schreiben.

Was bedeutet Kalligrafie für dich?

Für mich ist Kalligrafie mein Job und auch meine liebste Freizeitbeschäftigung. In beiden Fällen kann ich während des Schreibens wunderbar abschalten und alles um mich herum vergessen. Ich habe auf diesem Blog im Interview mit Ute Kreuzer gelesen, was sie zu diesem Thema geschrieben hat: Für sie ist Kalligraphie „Die Lösung einer Sehnsucht“ und das trifft es perfekt. Auch ich habe mich an diversen Mal- und Zeichentechniken versucht und alles wieder hingeschmissen, erst mit der Kalligraphie hat es „klick“ gemacht und ich bin dabei geblieben.

Wenn du nur mit drei deiner Schreibwerkszeuge arbeiten dürftest, welche wären das?

1. Das wichtigste für mich ist mein obliquer Federhalter, den meine Schwester mir geschnitzt hat, mit einer Spitzfeder natürlich, momentaner Favorit ist die Hunt 22b.

2. 6mm Parallel Pen

3. Kaweco Sport Füller

Wie kommst du am besten in einen kreativen Schaffensmodus? Und wie schaffst du es, aus einer Schaffensblockade rauszukommen?

Wenn ich meine Werkzeuge in die Hand nehme und einen Blick in meine Tintenschublade werfe, dann bin ich gleich mal inspiriert durch die Möglichkeiten, die ich mir in meinem kleinen Studio geschaffen habe. Bei Schaffensblockaden hilft bei mir nur, eine Pause zu machen. Am besten finde ich, darüber zu schlafen. Ein neuer Tag bringt frische Augen.

Woher bekommst du deine Ideen/was inspiriert dich? 

Das klingt vielleicht erst mal ungewöhnlich, aber ich sehe mich mehr als Dienstleisterin als Künstlerin. Mir fällt es leichter in einem vorgegebene Rahmen (z.B. Kundenauftrag) kreativ zu sein als „einfach so“ etwas zu erschaffen. Ich habe da größten Respekt vor Menschen, die das regelmäßig schaffen. Die meisten meiner freien Werke sind inspiriert von meinem täglichen Leben. Manchmal sind das die Bücher, die ich gerade lese und dann wieder Menschen, mit denen ich gerade zu tun habe.

Oft fließen auch meine Gedanken in die Arbeiten ein, ich mache zum Beispiel einiges zum Thema Kalligrafie selbst.

Welche Texte und inhaltliche Schwerpunkte finden in deine Arbeit? (Musik, Lyrik, Zeitgeschehen, spirituelle Texte…)

Ich gestalte gerne Artworks zu Nerd-Themen, Zitate aus Fernsehserien und Comics zum Beispiel. Oft sind es aber auch Stimmungen. Ich weiß nicht, wie viele Zettel mit „grrrrrr du nervst“ oder „wunderschön“ ich schon habe, ich banne Gefühle sehr gerne auf Papier.

An welchen Projekten arbeitest du gerade? Was beschäftigt dich?

Ich arbeite seit Jänner 2020 an meinem sehr umfangreichen Online-Kurs zum Thema Spitzfeder-Kalligraphie und habe gerade das Manuskript für mein zweites Buch abgegeben. Das heißt, da ist noch einiges zu tun. Sonst beschäftigen mich zum Zeitpunkt dieses Interviews (April 2020) auch die Auswirkungen auf meine Branche. Alle Aufträge sind abgesagt und es kommt nichts Neues rein. Da überlege ich gerade sehr viel, wie ich damit umgehen muss.

Persönlich

Was ist für dich kleines Glück?

Ich bin eine große Genießerin kleiner Glücksmomente und finde in sehr vielen Dingen Glück. Ein Sonnenstrahl in der Nase, das Schnurren meiner Katze, ein Vögelchen vor meinem Fenster, wenn mir ein Kaffee gemacht wird, ein Bissen von einem leckeren Stück Essen, ein Blick auf ein Kunstwerk …

Hast du ein Morgenritual?

Wenn mein Verlobter um 6:30 aufsteht bleibe ich meist noch kurz liegen und lasse mich dann erst zum gemeinsamen Kaffee herauslocken. Wenn er ins Büro geht, beginnt für mich der Arbeitstag – aber immer unterschiedlich. Was ich angehe hängt von den jeweiligen Projekten ab, die ich gerade habe.

Wie entschleunigst du deinen Alltag? Wobei entspannst du dich?

Ich bin ein bisschen eine Stubenhockerin. Ich schaue gerne Netflix mit den Katzen am Sofa oder zocke was auf der Playstation. Oder ich kalligraphiere noch mehr. Manchmal verlasse ich aber auch die Wohnung, dann geht es zum Brettspielen mit Freunden, in die Wildtierhilfe Wien wo ich ehrenamtlich aushelfe, ins Kino oder zum Karaoke.

Welches Buch hat dich als letztes berührt?

Die Broken Earth Trilogy von N.K. Jemisin. Eine fantastische Trilogie mit einer packenden Handlung, großartigen Hauptcharakteren. Dazu ist sie noch hervorragend geschrieben und baut eine so noch nie dagewesene Welt auf.

Führst du ein Skizzenbuch/Tagebuch/Journal?

Tagebuch nicht, aber ich habe ein Skizzenbuch.

Wenn ja, was nutzt du dafür, wie sieht es aus und wie bewegst du dich darin?

Ich mag sehr gerne das Hahnemühle Nostalgie-Buch in A5 Querformat. Ich mag kleine Formate. Aber ich kritzle auch ständig auf irgendwelchen losen Zetteln herum, die ich dann in eine Mappe werfe. Ich nehme mir immer vor, alles ordentlich zu sammeln aber so ganz klappt das nicht. Oh, da liegt ein Brief am Küchentisch? Krikelkrakel, jetzt ist er ein Skizzenblatt. Ich kann die Finger nicht von Papier lassen. Alles wird beschmiert.

Perspektivisch

Was rätst du jemandem, der mit Kalligrafie anfangen möchte? Wo beginne ich, wie nähere ich mich dem Thema?

Ich würde auf jeden Fall einen Kurs bei einem Kalligraphen oder einer Kalligraphin empfehlen, die du bewunderst. Dann können diese Lehrenden dich an deine bevorzugte Schriftart heranführen. Sonst kann ich natürlich mein Buch „Moderne Kalligrafie von A bis Z“ empfehlen, in das ich alle Informationen gepackt habe, die ich mir am Anfang gewünscht hätte.

Kalligrafie im 21. Jahrhundert: Wohin entwickelt sie sich? Welche Bedeutung hat sie?

Ich glaube, dass das Analoge wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Viele Leute haben genug davon, den ganzen Tag in den Bildschirm zu schauen und möchten ihre Hände wieder benutzen und Dinge fühlen. Dafür ist die Kalligraphie einfach perfekt. Man kann die Arbeit mit den Händen und seine Gedanken in Form von Worten verknüpfen und ihnen damit Ausdruck verleihen.

Instagram | Tintenfuchs
Website | Tintenfuchs.net
Buch | Moderne Kalligrafie von A bis Z

 

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