Ende Oktober/Anfang November war ich zu einem Workshop, den die Kalligrafiegruppe Nürnberg organisiert hatte. Mit Torsten Kolle hatten wir einen kompetenten und tiefgründigen Dozenten. Eine Woche lang weihte er uns in die Geheimnisse und Schönheit der Bastarda ein.
Die Bastarda ist eine Schrift des frühen 14. Jahrhunderts und wurde über einen langen Zeitraum bis hinein ins 16./17. Jahrhundert geschrieben. In den verschiedenen Landesteilen gab es unterschiedliche Interpretationen der Schrift, sodass es nicht DIE eine richtige Bastarda gibt, sondern eben unzählige Varianten. Die Kleinbuchstaben fügen sich sehr angenehm zu einem kalligrafischen Schreibfluss und sind gut zu individualisieren. Dadurch entsteht ein handschriftlicher Charakter und je nach SchreiberIn ein eigener Ausdruck. Die Buchstaben lassen viele Variantionsmöglichkeiten zu.
Schreiben und experimentieren
Wir starteten mit einfachen Formübungen zur Auflockerung und gingen danach recht bald zu den Groß- und später zu den Kleinbuchstaben über. Zwischen den Übungen gab es immer wieder auch geschichtliche Zusammenhänge, Bildbeispiele und Ansätze, mit der Schrift kalligrafisch zu experimentieren. Was passiert, wenn ich die Zeilenhöhe verändere oder das Werkzeug wechsle? Welchen Ausdruck erreiche ich, wenn ich die Buchstaben dränge oder in die Breite ziehe?
[tg_gallery_slider gallery_id=“7036″]
Wir übten Buchstaben, Verbindungen und Worte, wechselten zwischen strengen Formübungen und sturem Schreiben zu Experimenten und spielerischen Übungen. Die Hymne an die Schönheit von Hölderlin, unsere gemeinsame Textvorlage, gab genug Stoff für persönliche Interpretationen. So konnte ich mit großen Textmengen, einzelnen Worte, Buchstaben oder Zeilen gestalten. Die Workshopwoche war thematisch dicht gedrängt. Es gab so viele tolle Inputs, an jedem einzelnen hätte ich eine weitere Woche zur Vertiefung arbeiten können. Es gab sogar Platz für einen kleinen Exkurs zur Collage, was mein Klebe-Herz sehr gefreut hat.
Ein heilsamer Schreibraum
Voller Input, Inspiration, Motivation und schöner Arbeiten bin ich sehr erfüllt nach Hause gefahren. Die Schreibwoche hat mir gut getan, mich aufgeräumt und zu mir zurückgebracht. So etwas brauche ich öfter. In einen heilsamen Raum eintauchen, ganz bei mir selbst sein. Aber auch Impulse, Austausch und Rat von anderen KalligrafInnen zu bekommen. So wertvoll!