gelesen: Offene See

Neugierig gemacht hat mich dieses Buch vor allem wegen des Cover-Designs. Goldene Prägeschrift, dazu ein haptisch interessantes Papier und eine blaue Welle. Genau mein Geschmack. Und Inhaltlich? Die Sehnsucht nach dem Meer, Naturbeschreibungen, das einfache Leben und Freundschaft.

Robert ist gerade mit der Schule fertig. Der zweite Weltkrieg ist zu Ende. Die Menschen wollen sich wieder spüren, wieder leben. Bevor Robert, ganz der Familie folgend, unter Tage arbeiten muss, will er die offene See sehen. Er verlässt sein Bergarbeiterdorf und geht zu Fuß zur Nordsee. 

Sein Weg wird mit vielen intensiven Naturerlebnissen beschrieben. Man spürt beim Lesen förmlich den Tau auf der Decke, das Zirpen der Grillen. Auf seiner Reise trifft er Dulcie, eine alleinlebende, unkonventionelle Frau. Sie liebt Genuß und Poesie und trägt interessante Geschichten mit sich. Bei Brennesseltee und gutem Essen lernen sich die beiden immer näher kennen.

Das Buch ist berührend, schön geschrieben und gut zu lesen. Ich wünsche mir als nächstes eins über das Leben von Dulcie in ihren romantischen Details (sie liebte eine Frau), ihrer Poesie, Genußliebe und Lebensweisheit. Die hat mir nämlich gut gefallen. 

Ein paar Lieblingszitate

„Bei großen Reisen geht es nie nur um das Ziel.“

„Kunst war der Versuch, den Moment in Bernstein zu gießen.“

„Im Schweigen liegt Poesie, aber die meisten nehmen sich nicht sie Muße, sie zu hören.“

„Weil Honig flüssige Poesie ist. Er ist wie ein Scheibchen Sonne auf deinem Brot. Er ist die Essenz der Natur – die Essenz von Land und Insekt und Mann oder Frau, die in vollkommener symbiotischer Harmonie zusammenarbeiten. Bienen sind wahre Wunderwesen, die unermüdlich Pollen in Gold verwandeln.“ 

Was ich auch nach dieser Lektüre wieder bemerkenswert fand: Ich mag es sehr, wenn es in Romanen um Essen geht. Einfach schlichte, aber gute Kost. Ein Brot und Butter nach einer langen Wanderung, Brennesseltee, guter Schinken oder Fisch. Auch wenn ich kein Fleisch esse, wecken diese Beschreibungen bei mir etwas ganz Archaisches. Mich fasziniert die Einfachheit, die Hingabe und das Erdende darin. Wer weiß, was für verborgene Muster da in mir anspringen. Keine glutenfreien Reiscracker oder Proteindrinks. Sondern Milch, Honig, Fisch und Brot. Vom Bauern, Imker, Fischer und Bäcker. Das Langsame, das Einfache.

5/5

Hat dir der Beitrag gefallen? Wie StrassenkünstlerInnen der Hut, steht hier im Blog eine Teekasse. Nur eben virtuell. Wenn du magst, kannst du mir einen Tee ausgeben. Oder Farben und Papier. Danke für die Wertschätzung <3

2 Kommentare zu „gelesen: Offene See“

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