Jedertag – 27.September 2025 | Bergwanderung

Gerade frisch bin ich über dieses interessante und schon viele Jahre alte Schreibprojekt gestolpert, was ursprünglich von Maxim Gorki initiiert und später von Christa Wolf wieder aufgegriffen wurde. Es geht darum, einen ganz banalen Tag im Monat zu portraitieren; ein Tag, an dem vielleicht nichts Aufregendes passiert. Maxim Gorki wählte zufällig den 27.September. Der wurde zum „Jedertag“. Eine Ode an den Alltag.
Sowas reizt mich ja. Auch wenn mein 27.September in diesem Jahr kein gewöhnlicher Alltag war, will ich dich mitnehmen – auf eine Bergwanderung mit dem Posaunenchor. Mal sehen, ob es mir gelingt, den Tag adäquat zu porträtieren. Ohne schriftstellerischen Anspruch natürlich. Aber mit ein paar Bildern vom Berg.

Bergwanderung mit dem Posaunenchor

Einmal im Jahr gehen wir mit einer wanderfreudigen Gruppe vom Posaunenchor in die Berge. Unser Bergführer sucht uns eine schöne Tour zu einer Hütte aus, so dass unerfahrene Berggeher*innen wie ich ebenso Freude haben wie die regelmässigen Gipfelstürmer*innen. Meine erste Bergwanderung ging vor drei Jahren zur Traunsteiner Hütte, wo wir die meiste Zeit im Regen gewandert sind und auf dem Berg von Schnee überrascht wurden. Wenn das keine Feuerprobe war mit all den Widrigkeiten. Letztes Jahr führte uns ein etwas einfacherer Aufstieg zur neuen Bamberger Hütte, allerdings brauchten wir dort oben dann Schneeschuhe, um weiter zu wandern. Das war auch ein sehr tolles (aber von mir nicht dokumentiertes) Erlebnis.

Dieses Jahr war unser Ziel die Lengrieser Hütte auf 1338 m (das schreibt man wohl immer dazu). 

Silberdisteln (Eberwurz) faszinieren mich bei jeder Bergwanderung

Den Morgen nutzte ich, um gut zu frühstücken, mir eine Brotzeit zu richten und meine Sachen fertig zu packen. Was ist in meiner Futtertüte? 2 Brote mit veganem Aufstrich und Salat, eine halbe Dinkelseele mit veganem Aufstrich und Salat, eine tüte Studentenfutter, drei Energieriegel aus dem Bioladen, drei kleine Karotten, eine viertel Gurke, ein Apfel und ein Becher Blaubeeren. Ausserdem meine tägliche Ration Aminokapseln, Powercocktail (Vitamine) und Restorate (Mineralstoffe) in Pulverform zum Anrühren. Muskelkaterprävention und Optimalversorgung während der Wanderung.

Bergwanderung – Aufstieg zur Lenggrieser Hütte

Dann, um 9:25 Uhr fuhr mich der Mann zum Gemeindehaus nach Ebersberg – unseren Treffpunkt für die Tour. Unterwegs sammelten wir noch eine im Nachbarort wohnende Mittrompeterin ein. Sie hatte für alle selbstgebackene Sauerteig-Zimtschnecken dabei. Mit ihr hatten wir im Mai den Brotbackkurs. 

Am Gemeindehaus angekommen verteilten wir uns auf die Autos und fuhren mit einem kurzen Zwischenstopp an der Tankstelle ca. eine Stunde nach Lenggries, wo unsere Wanderung starten sollte. Nachdem alle 15 Mitwandernden angekommen, nochmal auf Toilette waren, die Wanderschuhe angezogen und ihre Rucksäcke geschultert hatte, ging es los. 

Wir wanderten ungefähr zwei Stunden bergauf durch den Wald zur Lenggrieser Hütte. Dabei konnten wir uns gut unterhalten. Bei 15 Wandermenschen gab es immer wieder wechselnde Gesprächspartner*innen und Themen. Aber auch streckenweise Schweigsames vor mich hinlaufen (und schnaufen). Wir sprachen über Proben, die Kinder, unseren Alltag, unsere Arbeit und den gemeinsamen Wanderweg oder vergangene Wanderungen. So lernen wir uns immer besser kennen, das kommt ja in den Proben eher zu kurz, wo der Fokus mehr auf dem musikalischen Miteinander liegt. 

Die meiste Zeit liefen wir durch den Wald, der noch nebelig und mystisch erschien. Immerhin regnete es nicht. Ich mag dieses achtsame Laufen den Berg hinauf. Jeder Schritt will bedacht gesetzt sein über Wurzeln, Geröll und nass-glatten Waldboden. Ein Fehltritt kann schnell gefährlich werden in den Bergen. 

Ziegen an der Lenggrieser Hütte auf 1338 m

Erste Etappe unserer Bergwanderung

Etwas verschwitzt kamen wir gegen 14 Uhr oben an der Lenggrieser Hütte an. Wir verschnauften ein wenig, checkten ein, bezogen unsere Zimmer – ein Zwölfer- und ein Fünfer-Lager – und stärkten uns ein wenig. Die ganz Wanderfreudigen gingen direkt weiter auf den nächsten Gipfel, der nochmal zwei Stunden weg lag. So wanderfreudig bin ich nicht. Ich wechselte meine nassgeschwitzten Sachen und hängte sie im Trockenraum auf. Ausser einem Wollunterhemd und guten Schuhen bin ich nicht besonders wanderklamottig ausgestattet. Ich gehe in Alltagskleidung in mehreren Schichten. 

Zum Einchecken gab es eine nummerierte Chipkarte, auf die unsere Übernachtung, Essen und Trinken gebucht wurden. Ich erfrischte mich mit einem Holunderschorle und stellte mich innerlich auf eine Nacht im Fünferzimmer ein.

5er Matratzenlager – Mein Schlafplatz (oben ganz links)

Weiter geht die Bergwanderung zum Grasleitenkopf

Weil es noch recht früh am Nachmittag war, beschlossen wir, noch ein Stück höher zu wandern. Weitere 45 min Aufstieg ging es hoch zum Grasleitenkopf. Leider hatten wir keine besonders gute Aussicht. Zwischen drin im Wald war es auch richtig nebelig. Ich musste immer wieder an Ronja Räubertochter denken, wie sie im Film durch den Wald ging und die Unterirdischen versuchten, sie in ihr Reich zu locken.

Am Gipfelkreuz machte wir die obligatorischen Aufstiegsfotos, sangen ein Lied und genossen den begrenzten Ausblick. Die Stimmung ist immer besonders auf dem Berg – egal wie die Sichtverhältnisse sind. Ich mag nass-nebelige Herbststimmung ja gern. 

Wir gingen dann weiter zum nächsten Gipfel. Der Weg wurde aber etwas beschwerlich. Unsere Gruppe teilte sich. Ein Teil ging weiter, die meisten zurück zur Hütte. Wir achteten immer darauf, dass wir wussten, wer wo mit wem unterwegs ist, damit niemand verloren ging.

Gipfelkreuz am Grasleitenkopf (1434 m)
Wir konnten nicht sehr weit blicken – es gab viel Nebel
Gipfelkreuz am Grasleitenkopf – ein kleiner Extraaufstieg von der Lenggrieser Hütte aus

Verschnaufpause nach der Bergwanderung

Zurück in der Hütte konnte der gemütliche Teil des Tages beginnen. Angenehm erschöpft versorgte ich meine erneut nassgeschwitzten Sachen im Trockenraum, gönnte mir ein Johannisbeerschorle und holte mir einen Hüttenstempel in mein Moleskine Pocket Diary. Dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen, so viele Stempel (Ausstellungen, Museen, Ausflüge, Wanderungen) wie möglich zu sammeln. Wir sassen in einem extra Gastraum gemütlich beeinander, redeten, tauschten uns aus (mein Moleskine bot einigen Gesprächsstoff) und genossen das Miteinander. Dann bestellten wir unser Abendessen und stärkten uns. Ich hatte eine vegane Linsensuppe. Da ich Linsen liebe und die Suppe gut gewürzt und reichlich war, fand ich das ein kleines Festmahl, was mich sehr glücklich gemacht hat.

Nach dem Abendessen schoben wir die Tische zusammen, redeten und spielten später ziemlich lange Mäxchen (mit 15 Mitspieler*innen eine lustige Angelegenheit). Das Spielt habe ich bei meiner ersten Posaunenchor-Bergwanderung kennengelernt und spiele es auch immer nur in diesem Zusammenhang. Bluffen gehört ja nicht zu meinen Kernkompetenzen. Das Spiel macht aber richtig Spaß zusammen.

Hüttenstempel für mein Moleskine Pocket Diary

Die Nacht nach der Bergwanderung

Es strengt mich sehr an, in Gaststuben oder Restaurants mit vielen Menschen zu sitzen, weil ich schlecht Geräusche wegfiltern kann. In Café’s höre ich dann mehrere Gespräche und kann mich auf mein eigenes nicht mehr konzentrieren. Deshalb wurde ich zusätzlich zur körperlichen Anstrengung der Wanderung am Abend schnell müde. Gegen 22 Uhr zog ich mich dann (und einige andere auch) ins Schlaflager zurück. Zähneputzen, Schlafsachen anziehen und in den Hüttenschlafsack unter der Wolldecke kriechen. Ich hatte die Hoffnung, schnell einzuschlafen um keine Schlafgeräusche der Mitschläfer*innen zu hören. Naja. Die beiden Männer neben mir habe ich dann trotz Ohropax doch mitbekommen. Sagen wir es mal so: Es war eine Nacht mit leichtem Schlaf.

Obligatorisches Beweisfoto am Gipfelkreuz

Mein Fazit der Bergwanderung

Allein würde ich nicht auf den Berg gehen oder die Idee dazu haben, aber ich freue mich jedes Jahr auf’s neue, wenn eine Wanderung mit dem Posaunenchor organisiert und angekündigt wird. Was ich aus dieser Wanderung wieder mitnehme:

  • Ich bin so froh, dass ich 2020 beschlossen habe, Trompete zu lernen und dem Posaunenchor beizutreten. Es ist so eine schöne Gemeinschaft. Sie erfüllt meine Sehnsucht nach Zugehörigkeit auf mehreren Ebenen. Und das tut gut. So feine Menschen sind da beeinander!  Musik verbindet. Auch über die Noten hinaus.
  • Beim Wandern merke ich, wie wichtig es ist, zwar ein Ziel zu haben, aber den Fokus auf den Weg und jeden kleinen Schritt zu haben. Viele kleine Schritte führen auch zum Ziel. Ein schönes Bild für das Leben.
  • Natur tut gut. Immer.
  • Ich kann mehr als ich mir selber manchmal zutraue. Hilfreich: Dinge nicht allein zu tun, sondern sich ein passendes Umfeld zu suchen. Zum Wandern und beim Umsetzen von Projekten und Träumen.
  • Der Linseneintopf war wirklich gut. Ich freue mich auf die herbstliche Suppen- und Eintopfsaison.

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